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10.-20.05.2018 3. Anime Berlin Festival – das Kino von morgen. Zur Eröffnung: kostenlose Live Manga-Portraits, Vernissage, Musik-Act, Maid-Café, Artist Alley

Elf Tage feiert das Anime Berlin Festival im Babylon zum dritten Mal die grosse Vielfalt der Anime Filmkultur mit Premieren, Previews, neuen Animes, Klassikern, Vorträge, Worshops, Maid-Café, Artist Alley und Mitmachangebote für Fans und Interessierte.
Fast alle für das Festival ausgewählten Animes wenden sich explizit an ein erwachsenes Publikum, wenige sind für Kinder gedacht. Die Genres reichen von Urban Actioners (Mutafukaz), Mecha Anime (Evangelion), Magical Girl (Ancien und das magische Königreich), Gender Bender (Your Name), Historical (Giovannis Island), Sci Fi (Paprika), Vampire (Servamp: Alice in the Garden) und Adult (1001 Nacht, Prinz Genji).

Mit seiner eigenen Ästhetik und seinem magischen Bildersog überrascht Anime mit neuen, bisweilen verstörenden Welten und verhandelt relevante Themen wie z.B. künstliche Intelligenz, Trauma- und Vergangenheitsbewältigung, die so im Realfilm nicht möglich sind. Damit berührt es zutiefst die Realität und die Phantasie der Zuschauer.

Ein gutes Beispiel hierfür ist das handgezeichnete, japanisch-russisch-koreanische gesprochene Anime Giovannis Island (2014): Ein Film über Verlust der Heimat und der Familie durch Krieg, den das Festival als Berlin-Kinopremiere präsentiert. Ähnlich wie der Klassiker Die letzten Glühwürmchen (1988) erzählt dieses Anime eine wahre Geschichte aus der unmittelbaren japanischen Nachkriegszeit. Ursprünglich war es als Real-Spielfilm geplant. Seine tiefe, menschliche Wahrheit und Emotionalität kann es tatsächlich nur als Anime erreichen. Das Leben der Brüder Junpei und Kanta ändert sich schlagartig mit der Besetzung ihrer Insel durch die Rote Armee. Es bleibt ihnen ihre Phantasiewelt auf den Spuren ihres – in Japan berühmten – Lieblingsbuchs Night on the Galactic Railroad und ihrer neuen Freundschaft zu dem russischen Mädchen Tanja. Hier die Kritik auf Französisch.

Giovanni no Shima (Giovannis Island / ОСТРОВ ДЖОВАННИ) von Mizuho Nishikubo (2014)
Foto mit freundlicher Genehmigung Kino Babylon Mitte

Anime Berlin zeigt auch die erste Anime-Adaption von Night on the Galactic Railroad (1985) von Gisaburo Sugii, ein Meilenstein der Animegeschichte mit Zwischentiteln in Esperanto (OmU)!

Ganz anders der Eröffnungsfilm Mutafukaz am 10. Mai um 19 Uhr, der actiongeladene, urbane, mit Hip Hop Beats forcierte Unterhaltung verspricht. Hier trifft die französische auf die japanische Animationskultur, bereichert durch die ambivalente Faszination des Regisseurs Guillaume Renard aka RUN für Los Angeles. Aus ihr kreiert RUN den Moloch Dark Meat City mit den drei Loosern Angelino, Vinz und Willy. Ko- Regisseur und Lead Animator ist Shojiro Nishimi, u.a. Animationsregisseur von Tekkonkinkreet und Animator von Akira. Produziert haben das berühmte Studio 4°C (Mind Game, Animatrix) und Ankama. Der französische Kinostart ist am 23. Mai. Hier die Kritik auf Französisch

Mutafukaz von Guillaume « Run » Renard und Shōjirō Nishimi (2017)
Foto mit freundlicher Genehmigung Kino Babylon Mitte

Ein Mix aus Mystery, Action und Humor bietet die Deutschlandpremiere des Movies Servamp: Alice in the Garden (11.05. 19:30) zur Servamp Vampir-Serie, kurz nach dem japanischen Kinostart am 7. April. Die sieben Todsünden, verwandelt in possierliche Tiere, nisten sich in das Leben von Teenagern ein und bieten als Servamps ihre zweifelhafte Hilfe an: Die Katze Sleepy Ash, als Verkörperung der Trägheit, frisst alle Vorräte ihres Herrn Mahiru auf. Worin hilft wohl die Wollust, All of Love, dem Jungen Misono?

Die Anime Berlin Festivalbesucher haben zudem die Gelegenheit, in einer 12-minütigen Preview schon erste Szenen des Kinofilms No Game No Life: Zero vor dem Kinostart am 7. Juni zu sehen (zusammen mit Digimon Adventure tri. –Chapter 4: Lost).

Weitere Berlin-Kinopremieren

Ancien und das magische Königreich von Regisseur Kenji Kamiyama (Ghost in the Shell: Stand Alone Complex) sowie der emotional bewegende Kurzfilm Pigtails der angesehenen Production I.G über den symbolisch verschlüsselten, ganz ungewöhnlichen Umgang mit Fukushima. Auch der Millionenhit Your name bezieht sich, wenn auch nicht explizit so benannt, auf die Fukushima- Katastrophe.

Regisseur Mamoru Oshii ist im vergangenen Jahr auch einer breiten Öffentlichkeit bekannt geworden durch das prominent mit Scarlett Johansson besetzte US-Remake seines wegbereitenden Animes Ghost in the Shell. Anime Berlin zeigt zwei weitere Schlüsselwerke des Regisseurs auf der grossen Leinwand: Den Science Fiction Patlabor 1 aus dem Jahr 1989 mit aktuellen Themen wie der Übernahme der Herrschaft durch Computer und autoritäre Regierungen bzw. Organisationen: Ein Virus lässt die gigantischen, humanoiden Roboter Amok laufen. Eigentlich sollen sie wegen des steigenden Meeresspiegels das umstrittene Babylon-Projekt in der Tokioer Bucht bauen. In diesem Mecha Anime findet Oshii zu seinem allegorischen Stil. Er selbst bezeichnet im Pastemagazine den Film als einen Wendepunkt in seiner Karriere:

„In retrospect, Patlabor for me was a major film in many ways [in that] it became my turning point. I know that I am what I am today because of Patlabor.”

Jin Roh: The Wolf Brigade (1999, Drehbuch: Mamoru Oshii) mit seinen 80.000 handgezeichneten Cels und drei Jahren Produktionszeit erlaubt sich einen Zeiten-Mix, ein Sci Fi Rotkäppchen-Märchen und Politthriller mit einer alternativen Vergangenheit für Japan. Zehn Jahre nach dem zweiten Weltkrieg wird Japan nach dem Sieg von Nazi- Deutschland mit eiserner Hand regiert und hat mit Terror und Selbstmordattentätern zu kämpfen. „A masterpiece, as can be expected with anything coming from Production IG … is a must see… and maybe you should watch it twice, just so that you can understand it.“ schreibt Anime News Network.

 

Anime Berlin ehrt weitere bedeutende Regisseure verschiedener Generationen: Hayao Miyazaki mit 20 Jahre Prinzessin Mononoke, den kürzlich verstorbenen Studio Ghibli-Mitbegründer Isao Takahata mit seinem letzten Anime Die Legende der Prinzessin Kaguya, Manga-Gott Osamu Tezuka zu seinem 90. Geburtstag mit den Previews der neudigitalisierten 1001 Nacht und Kleopatra, Tezukas & Miyazakis Weggefährte Gisaburo Sugii mit Die Geschichte von Prinz Genji, Night on the Galactic Railroad und der Doku Animation Maestro Gisaburo sowie Auteur Hideaki Anno mit dem ebenso vielgeliebten wie -gehassten Evangelion 1.11-3.33, einem rätselhaften Hieronymus Bosch Höllengemälde katapultiert in ein Sci Fi Mecha Anime.

Der Westen durch die Brille Japans

Wie ein Spiegel der wechselseitigen Beeinflussung der japanischen und der westlichen Popkultur sind die ausgewählten Festivalfilme und deren Blick in die Zukunft oder in die Vergangenheit, aber auch in für Asien ferne Kulturen wie Europa und exotische Religionen wie das Christen- und Judentum. Passenderweise fällt der Festivalbeginn zusammen mit dem Kinostart des Japan- Animationsfilms Isle of Dogs – Ataris Reise (Eröffnungsfilm der Berlinale 2018 – Kritik auf Französisch) von Wes Anderson, der u.a. den Ghibli- Regisseur Hayao Miyazaki als seine Inspirationsquelle sieht.

Sektion „Anime Korea“

Die Anime Industrie ist stark mit Korea verbunden, wichtige Animationsbereiche werden dort – fern von der Aufmerksamkeit der Anime Fans – ausgeführt, wie z.B. die Beteiligung des koreanischen Studios DR Movie in Giovannis Island. Das Babylon Festival präsentiert in Zusammenarbeit mit der Botschaft der Republik Korea und dem Seoul International Cartoon & Animation Festival (SICAF) diese kleine Sektion mit dem Publikumshit Liefi – Ein Huhn in der Wildnis (16.05. die Autorin Hwang Seon Min zu Gast – Anschliessendes Q&A), mit der ersten koreanischen Farbanimation Hong Gildong (1967) und weiteren Kurzfilmen.

Besondere Veranstaltung

Samstag 12.05. 16:30 Your Name. (Kimi no na wa.) JP 2016, R: Makoto Shinkai mit Ryûnosuke Kamiki, Mone Kamishiraishi, Masami Nagasawa, 107 Min, OmeU [Hier die Kritik auf Französisch] und Vorfilm/Berlin-Premiere Pigtails JP 2015, R: Yoshimi Itazu, 28 Min, OmeU
Im Anschluss gibt es den Vortrag der Japanologin Dinah Zank: Ahnenkult, Erinnerung, Aktion: Fukushima als namenslose Katastrophe im Anime

[Making of Your Name]

Mit Makoto Shinkai’s Your Name (2016) und Yoshimi Itazu’s Pigtails (2015) zeigt das Babylon gleich zwei mehrfach preisgekrönte Anime, die sich in bezaubernd und geradezu verstörend schönen Bildern mit der Dreifachkatastrophe von Fukushima auseinandersetzen. Unterhaltsame Charaktere entführen den Zuschauer in eine zunächst friedvolle Welt, deren Schrecken sich nur subtil und langsam Schicht für Schicht offenbaren und damit umso mehr ergreifen. Der Vortrag untersucht diese Darstellungsweise der Katastrophe und die Funktion von Anime als gesellschaftskritisches Medium. Er hinterfragt am Beispiel beider Filme den Zusammenhang von traditionellem Ahnenkult und Rücksiedlungswunsch, ebenso wie die kritische Haltung gegenüber einer handlungsunfähigen Bürokratie und dem Kampf gegen das Vergessen von Opfern und der gewaltigen Kraft der Natur.

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Malik Berkati

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