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Jürgen Habermas erhält den Heine-Preis 2012

Der Soziologe und Philosoph Prof. Dr. Jürgen Habermas wird mit dem Heine-Preis 2012 der Landeshauptstadt Düsseldorf ausgezeichnet. Der Heine-Preis zählt zu den bedeutendsten Literatur- und Persönlichkeitspreisen in Deutschland und wird seit 1972 verliehen; er ist mit 50.000 Euro dotiert und nimmt damit einen Spitzenplatz im deutschsprachigen Raum ein.

Heine Preis

Die Heine-Preis-Jury traf ihre Entscheidung in einer Sitzung am 15. September. Jürgen Habermas wurde im Anschluss an die Sitzung telefonisch informiert. Im Dezember – rund um Heines 215. Geburtstag – wird Oberbürgermeister Dirk Elbers den Preis in einem Festakt überreichen.

Die Jury begründete ihr Votum wie folgt: “Der Heine-Preis der Landeshauptstadt Düsseldorf 2012 wird an Jürgen Habermas verliehen, als einen der weltweit bedeutendsten Denker der Gegenwart, für sein Lebenswerk, das durch freiheitliche Ideen der Aufklärung, seinen unermüdlichen Einsatz für ein demokratisch verfasstes Deutschland sowie seine streitbaren Beiträge zu den gesellschaftspolitischen Debatten Europas geprägt ist. Jürgen Habermas steht mit seinem kritischen Werk überzeugend in der Tradition des Schriftstellers und Intellektuellen Heinrich Heine.”

Oberbürgermeister Dirk Elbers, Vorsitzender der Jury, sagte nach der Entscheidung: “Mit Jürgen Habermas ehrt die Landeshauptstadt Düsseldorf einen wichtigen Denker, dessen philosophisches Werk weltweite Ausstrahlung hat. Kaum ein anderer Intellektueller prägt so präzise und scharfsinnig die aktuellen gesellschaftspolitischen Debatten in Deutschland und Europa, wie Jürgen Habermas. Mit dem Heine-Preis als einem der wichtigsten Literatur- und Persönlichkeitspreise im deutschsprachigen Raum würdigt Düsseldorf in diesem Jahr auch einen seiner großen Söhne.”

Der Heine-Preis wird, wie es in den Bestimmungen heißt, durch die vom Rat der Landeshauptstadt Düsseldorf eingesetzte Jury “an Persönlichkeiten verliehen, die durch ihr geistiges Schaffen im Sinne der Grundrechte des Menschen, für die sich Heinrich Heine eingesetzt hat, den sozialen und politischen Fortschritt fördern, der Völkerverständigung dienen oder die Erkenntnis von der Zusammengehörigkeit aller Menschen verbreiten”.

Preisträger – Kurzvita

Jürgen Habermas wurde am 18. Juni 1929 in Düsseldorf geboren. Nach dem Abitur (1949) studierte er an den Universitäten Göttingen, Zürich und Bonn Philosophie, Geschichte, Psychologie, Deutsche Literatur sowie Ökonomie. 1953 betrat er mit dem kurzen, aber wegweisenden Aufsatz “Mit Heidegger gegen Heidegger” die öffentliche Bühne.
Seine akademische Karriere begann Habermas 1961 als außerordentlicher Professor für Philosophie an der Universität Heidelberg. 1964 wurde er als Nachfolger Max Horkheimers ordentlicher Professor für Philosophie und Soziologie an der Universität Frankfurt/Main (bis 1971). Der aus der “Frankfurter Schule” hervorgegangene Schüler von Adorno und Horkheimer trug deren “Kritische Theorie” aus dem “wissenschaftlichen Elfenbeinturm” mitten hinein in die Gesellschaft. Er wurde während der 68er-Studentenbewegung, zu deren Anregern er gehörte, als Wissenschaftler erstmals öffentlich wahrgenommen, unter anderem durch seine zum Bestseller avancierte und mehrmals wieder aufgelegte Schrift “Erkenntnis und Interesse” (1968).
1971 wechselte Habermas nach Starnberg, wo er bis 1981 gemeinsam mit Carl Friedrich von Weizsäcker das Max-Planck-Institut zur Erforschung der Lebensbedingungen der wissenschaftlich-technischen Welt leitete. 1983 kehrte Habermas an die Universität Frankfurt zurück, an der er bereits 1975 bis 1982 eine Honorarprofessur für Philosophie innehatte, und übernahm den dortigen Lehrstuhl für. 1994 wurde Habermas in Frankfurt emeritiert.
Der “Zeitgenosse Habermas”, wie Ralf Dahrendorf den Sozialphilosophen und Gesellschaftstheoretiker einmal nannte, war in der Vergangenheit an allen großen theoretischen Debatten (Positivismusstreit, Systemtheorie, Postmoderne) wie an den heftigen politischen Kontroversen (Stichworte: Autoritarismus, Studentenbewegung, Radikalenerlass, ziviler Ungehorsam, Historikerstreit) engagiert beteiligt. Mit seinem Eingreifen gab er die “Stichworte zur geistigen Situation der Zeit”. Als sein Hauptwerk gilt die 1981 erschienene “Theorie des kommunikativen Handelns”, derzufolge die normativen Grundlagen der Gesellschaft in der Sprache liegen, die ihrerseits als Verständigungsmittel soziale Interaktion erst ermöglicht. Weithin Beachtung fanden ferner die Schriften “Der philosophische Diskurs der Moderne” (1985) und “Faktizität und Geltung” (1992).
Als engagierter Zeitkritiker und “intervenierender Denker” (FAZ, Juni 2001) meldete sich Habermas auch nach seiner Emeritierung zu den verschiedensten Themen streitbar zu Wort, etwa zur Europäischen Verfassung, zum NATO-Einsatz im Kosovo, zu der durch die aktuelle Hirnforschung aufgeworfenen Frage nach der Freiheit des Menschen oder zum Terrorismus. Den Zustand Europas griff Habermas unter anderem in der Reihe “Kleine politische Schriften” unter dem Titel “Ach, Europa” (2008) wieder auf.
Jürgen Habermas gilt als der meistbeachtete und prägendste deutsche Philosoph der Gegenwart, dessen Arbeiten disziplinübergreifende Kontroversen in Philosophie, Wissenschaftstheorie, Soziologie und Politikwissenschaft auslösten. Seine Werke wurden in über 30 Sprachen übersetzt und brachten ihm, ebenso wie die regelmäßigen Lehrtätigkeiten an ausländischen Universitäten, vor allem in den USA, weltweite Anerkennung ein. Habermas wurde mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet. Unter den weiteren Ehrungen neueren Datums finden sich der Prinz-von-Asturien-Preis (2003), der Kyoto-Preis der Inamori-Stiftung (2004) sowie zahlreiche Ehrendoktorate europäischer und amerikanischer Universitäten. (Quelle: Munzinger Archiv).

Heine-Preis – bisherige Preisträger und Jury

Der Preis, den Düsseldorf als Vaterstadt zu Ehren des 1797 geborenen Heinrich Heine gestiftet hat, wird zum 18. Mal vergeben. Zunächst erfolgte die Vergabe in dreijährigem Rhythmus, seit 1981 in zweijährigem Rhythmus, allerdings mit drei Abweichungen: 1987 wurde die Vergabe in das Jahr des Stadtjubiläums 1988 verschoben, und für 1995 beschloss der Rat eine Verschiebung auf 1996. 2006 hatte die Jury den Heine-Preis dem Schriftsteller Peter Handke zuerkannt. Diese Entscheidung hatte zu heftigen politischen Diskussionen geführt, worauf Peter Handke den Verzicht auf den Preis erklärte. In der Folge wurden die Verleihungsbestimmungen unter anderem dahingehend geändert, dass nunmehr die Jury abschließend über die Vergabe entscheidet.
Die bisherigen Heine-Preisträger sind: Carl Zuckmayer (1972), Pierre Bertaux (1975), Sebastian Haffner (1978), Walter Jens (1981), Carl Friedrich von Weizsäcker (1983), Günter Kunert (1985), Marion Gräfin Dönhoff (1988), Max Frisch (1989), Richard von Weizsäcker (1991), Wolf Biermann (1993), Wladyslaw Bartoszewski (1996), Hans Magnus, Enzensberger (1998), W.G. Sebald (2000), Elfriede Jelinek (2002), Robert Gernhardt (2004), Amos Oz (2008) und Simone Veil (2010).
Der Heine-Preis-Jury 2012 gehörten an als vom Rat gewählte Fachjuroren: Prof. Dr. Birgit Lermen (Bonn), Prof. Dr. Julius Schoeps (Berlin), Dr. Gerhard Höhn (Barbizon/Paris, Frankreich), Dr. Florian Höllerer (Stuttgart) und Jochen Hieber (Frankfurt), Prof. Dr. Christina von Braun (als Vertreterin der Heinrich-Heine-Gesellschaft, Berlin) und Prof. Dr. Dr. Hans Michael Piper (Rektor der Heinrich-Heine-Universität, Düsseldorf). Außerdem als Vertreter der Landeshauptstadt Düsseldorf: Oberbürgermeister Dirk Elbers (Jury-Vorsitzender), Kulturdezernent Hans-Georg Lohe sowie Dr. Sabine Brenner-Wilczek (Leiterin des Heine-Instituts). Die Ratsfraktionen hatten folgende Persönlichkeiten in die Jury entsandt: Dr. Susanne Schwabach-Albrecht (CDU), Cornelia Mohrs (SPD), Manfred Neuenhaus (FDP), Karin Trepke (Bündnis 90/Die Grünen) und Dr. Michael Klepsch (Die Linke). Alle Mitglieder der Jury haben jeweils eine Stimme.

(15. September 2012: Landeshauptstadt Düsseldorf )

Sébastien Deshusses

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